In Conversation with
Sebastian Dannenberg
Sebastian, Artist Talk
Tanja Heuchele: Lieber Sebastian, wie geht es dir nach dieser Ausstellungseröffnung?
Sebastian Dannenberg: Gut, ich freue mich was Luise, Franziska und ich mit der Ausstellung geschafft haben. Ich empfinde es so, dass wir gute Situationen und Zusammensichten der einzelnen Werke erreicht haben, dass diese sich zuweilen nah kommen und interessante Dialoge eingehen. Das klappt nicht zwangsläufig, wenn man zusammen zeigt.
TH: In einem unserer Vorgespräche hast du von einer ego-losen Gruppendynamik gesprochen. Wie kannst du dir erklären, dass das Ego über dem Kollektiv steht? Können wir dieses Phänomen womöglich auf die westliche Kultur übertragen?
SD: Ja, das habe ich. Wir sind ja kein Kollektiv, wir haben uns zu dritt selbst kuratiert und sind dabei raumbezogen und inhaltlich vorgegangen. Dabei hat mir Freude gemacht, dass wir gegenseitig das Werk der anderen mitgedacht und respektiert haben. Wir haben versucht einen Mehrwert aus der Gruppensituation zu ziehen, auch für unsere jeweils eigene Werkreflektion. Nichts wäre langweiliger gewesen als einfach nur Raum zu claimen und unsere Arbeiten separiert zu zeigen. Ich bin kein Soziologe oder Philosoph, der das einordnen oder analytisch kontextualisieren könnte, ich glaube aber, dass es darum gehen muss Respekt und Wertschätzung der Diversität von Arbeiten und Arbeitsweisen entgegen zu bringen und nicht nur sich selbst oder die eigene Arbeit zu präsentieren, und ja ich wäre froh, wenn das in unserer Gesellschaft mehr passieren würde. Ich glaube wir können unsere Individualität auch eintragen, wenn wir Kompromisse eingehen und Raum für andere schaffen.
TH: Eine deiner ortsspezifischen Arbeiten wird in Bremen in einer noch nie von dir gezeigten Dimension gezeigt. Wie schläft es sich vor einer derartigen Herausforderung vor allem in Bezug auf die Umsetzung? Gäbe es Dimensionen, von denen du absehen würdest?
SD: Bis jetzt schlafe ich noch gut, das wird in der konkreten Umsetzungsphase vielleicht anders. Ich achte bei meiner Arbeit darauf, dass sie dem Ort angemessen ist. Es geht mir nicht um die Größe als solche, sondern darum wo und in welcher Situation ein Werk gezeigt wird. In diesem Fall ergab sich die Größe, aus der Dimension der Sperrholzplatten die ich verwende und der Menge der Räume der Kunsthalle, da jede Platte einen Farbwert des Museums repräsentiert.
TH: So wie ich dich kennenlernen durfte, forderst und förderst du das Grenzenaustesten, von der Malerei bis ins bilaterale Gespräch. Schwarzweiß scheint kein Konzept zu sein, sondern eine Ausrede. Wie siehst du den so genannten grauen Bereich?
SD: Danke für die Frage. Ja viele Konzepte für Arbeiten entstammen Überlegungen zu Malerei, Vorder- und Rückseite. Es sind malereiimmanente Probleme, die mich seit Beginn meiner künstlerischen Arbeit beschäftigt haben. Für mich siedelt Grau nicht in einem Spannungsfeld von Schwarz und Weiß sondern als eigener Farbwert, als Summe aller Farben. Deshalb behaupte ich bunt und vielfältig, wenn ich grau verwende. Schwarzer Lack auf weißer Ausstellungswand ist tatsächlich Konzept, es ist der meistmögliche Kontrast den ich erzeugen kann, sodass von der Farbe eine Körperlichkeit ausgeht, die nicht durch Farbkonnotation oder Symbolik aufgelöst wird.
TH: Als Professor bist du natürlich auch immer im Austausch mit dem Nachwuchs. Welche Visionen und Wünsche siehst du in den neuen Generationen, die dich zuletzt überrascht haben?
SD: Ich sehe vor allem gute Entwicklungen. Ich sehe vieles, was ich unterstützen und verstehen möchte. Ich bin neugierig. Ich bin davon überzeugt, dass eine Arbeitsweise dann Bestand hat, wenn sie aus einem wirklichen Interesse oder Antrieb entsteht, das können biografische, aktivistische oder formale Beweggründe sein. Dabei begleite und unterstütze ich und versuche zu vermitteln, dass weder das eine noch das andere besser oder richtiger ist. Eine inhaltliche Arbeit hat genauso ihre Berechtigung wie eine rein formale Arbeit.
TH: Wie auch in vielen vorgegangenen Interviews, möchte ich dich ebenfalls fragen, siehst du dich als Optimist oder Pessimist? Und warum?
SD: Spannende Frage, ich denke das ich eher optimistisch bin. Soll nicht heißen, dass mich Rückschläge nicht auch beschäftigen. Ich glaube ich bin gut darin mir Dinge vorstellen zu können. Aber ich bin kein Träumer, ich möchte Dinge realisieren, sie in die Welt bringen. Warum? Ist das eine Einstellung? Keine Ahnung, ich denke das sucht man sich ja nicht aus.
TH: Worin siehst du die größte Kraft der Kunst und im speziellen in der bildenden Kunst?
SD: Ich bin davon überzeugt das Kunst Freiräume und Denkräume eröffnen kann. In meiner Vorstellung ist ein Kunstwerk wie eine These, eine Behauptung. Es lädt ein, diese Behauptung zu überprüfen und mit eigenen Vorstellungen oder Erfahrungen abzugleichen. Kunst ist ein Resonanzraum, er lebt von der Betrachtung und Begegnung. Ich glaube Kunst sollte fordern und nicht einfach nur konsumierbar sein. Die bildende Kunst hat den Vorteil das sie sich in jede Gattungsrichtung dehnen kann, Techniken, Haltungen und auch Epochen werden inkludiert. Sie kann sich erklären, ihre Entstehung und das Vorgehen preisgeben, oder sich komplett verweigern und Betrachter*innen an den Rand des Beschreibbaren bringen. Sprache reicht vielfach einfach nicht aus um Kunst zu erfassen, sie muss erlebt und gesehen werden. Gleichzeitig ist es nur ein Angebot das Künstler*innen machen. Ich finde das großartig!
TH: Welche Thematik beschäftigt dich derzeit, wenn du ins Atelier gehst? Hast du ein bestimmtes Buch, das du gerne mit uns teilen möchtest?
SD: Gerade das Chaos! Haha. Wenn Du mich nach einem Buch fragst dann entspinnt sich in meinem Kopf die Idee; Atelier: Rückzugsort und Möglichkeit sich in den Pausen ein Buch zu nehmen. Mein Atelier ist mehr eine Werkstatt in der ich Projekte vor- oder nachbereite. Ich bin niemand der ein Tagwerk produziert, ich arbeite in situ und zu konkreten Ausstellungen. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, Neues zu probieren, dann gibt es eigentlich keine Thematik, sondern eher die Freude darüber, schauen und reflektieren zu können. Ach ja, das Buch, ich lese eigentlich schon zu lange an einem Buch, Nichts tun von Jenny Odell, ich halte es für großartig.
TH: Danke dir vielmals für dein Vertrauen und den Austausch!
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